Folge 71: Ein starker Wert im deutschen Aktienmarkt – Einblicke in Geschäftsmodell und Burggraben
In dieser Folge analysieren wir die Deutsche Börse AG, einen der fundamental stärksten DAX-Werte. Wir betrachten das vielfältige Geschäftsmodell, die beeindruckenden Wettbewerbsvorteile durch Netzwerkeffekte und die langfristigen Wachstumsperspektiven des Unternehmens.
Zusammenfassung und Stichpunkte:
- Die Deutsche Börse AG ist weit mehr als nur ein Börsenbetreiber, mit vielfältigen Einnahmequellen aus Handel, Clearing, Daten und Software.
- Starke Netzwerkeffekte und hohe Wechselkosten für Kunden bilden einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil (Burggraben).
- Das Unternehmen verzeichnete in den letzten zehn Jahren ein beeindruckendes Umsatz- und Gewinnwachstum von etwa 11-12% pro Jahr.
- Die stabile Bilanz und hohen Cashflows ermöglichen regelmäßige Aktienrückkäufe und Dividendenzahlungen.
- Trotz aktuell leicht erhöhter Bewertung sprechen die fundamentalen Stärken und Wachstumsperspektiven für ein langfristiges Investment.
Shownotes und Episodendetails
Einleitung: Die Deutsche Börse AG – Mehr als nur ein Handelsplatz
Die Deutsche Börse AG ist ein Name, der im Kontext des deutschen Aktienmarktes immer wieder fällt. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Unternehmen, das zu den fundamental stärksten Werten im DAX zählt und in puncto Performance eine bemerkenswerte Rolle spielt? In dieser Folge beleuchten wir das Geschäftsmodell und die Wettbewerbsvorteile dieses etablierten Börsenbetreibers genauer.
Das Geschäftsmodell: Vielfältige Einnahmequellen
Die Deutsche Börse AG ist weit mehr als nur der Betreiber der bekannten Handelsplätze Xetra und der Börse Frankfurt. Sie nimmt eine zentrale Rolle im europäischen Finanzmarkt ein. Neben diesen Kerngeschäften betreibt das Unternehmen auch Europas bedeutendste Terminbörse Eurex, auf der Futures und Optionen gehandelt werden. Darüber hinaus gehört die European Energy Exchange (EEX), die Strombörse, zum Konzern.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Rolle der Deutschen Börse als Herausgeber der DAX-Indexfamilie. Daraus generiert das Unternehmen beispielsweise Lizenzeinnahmen für ETFs. Doch das ist noch nicht alles: Auch mit dem Handel von Rohstoffen, Währungen und Zins-Swaps erzielt die Deutsche Börse signifikante Einnahmen.
Die Tochtergesellschaft Clearstream ist für die technische Abwicklung von Börsengeschäften und die Verwahrung von Wertpapieren zuständig. Abgerundet wird das Geschäftsmodell durch die Bereitstellung von Daten (u.a. ESG) sowie Software-Lösungen für Analysezwecke und das Portfoliomanagement.
Der Burggraben: Wettbewerbsvorteile durch Netzwerkeffekte und hohe Wechselkosten
Ein entscheidender Faktor für den Erfolg der Deutschen Börse sind die starken Netzwerkeffekte. Ist ein Börsenplatz erst einmal etabliert, zieht er immer mehr Anleger an, was wiederum für Unternehmen attraktiv ist, dort gelistet zu sein. Dieses steigende Angebot erhöht die Attraktivität des Börsenplatzes weiter und lockt noch mehr Börsianer an. Die resultierende hohe Liquidität sorgt für einen effizienten und kostengünstigen Handel. Dieser Burggrabenfaktor der Netzwerkeffekte verstärkt sich mit der Zeit.
Neben den Netzwerkeffekten verfügt die Deutsche Börse über einen weiteren wesentlichen Wettbewerbsvorteil: hohe Wechselkosten für die Kunden. Nehmen wir beispielsweise das Clearing-Geschäft. Banken sind darauf angewiesen, um ihren Kunden den Wertpapierhandel zu ermöglichen. Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter wäre für Banken mit erheblichen Kosten und operativen Risiken verbunden. Oftmals sind die internen Strukturen auch zu träge für einen solchen Schritt.
Diese hohe Kundenbindung ermöglicht es der Deutschen Börse, attraktive Kommissionen zu verlangen, was sich positiv auf die Margen auswirkt. Die führende Position der Eurex im Derivatehandel (Futures, Optionen etc.) in Europa trägt ebenfalls zum Burggraben bei, da die hohe Liquidität einen Wechsel für Kunden unattraktiv macht.
Wachstumsperspektiven: Fokus auf institutionelle Kunden und Daten
Die Deutsche Börse arbeitet kontinuierlich daran, ihr Angebot für institutionelle Kunden auszubauen. Dazu gehört die Bereitstellung von Daten, Analytik-Software und weiteren Dienstleistungen. Ziel ist es, die Abhängigkeit von rein handelsbezogenen Einnahmen zu verringern und den Anteil wiederkehrender, datenbezogener Einnahmen zu steigern, die attraktive Margen versprechen.
In den letzten zehn Jahren konnte die Deutsche Börse ein beeindruckendes Umsatz- und Gewinnwachstum von rund 11 bzw. 12 Prozent pro Jahr verzeichnen. Analysten erwarten auch für die kommenden Jahre ein solides Gewinnwachstum von etwa acht Prozent.
Finanzielle Stabilität und Aktionärsfreundlichkeit
Die Deutsche Börse verfügt über eine stabile Bilanz. Die niedrige Eigenkapitalquote ist dabei auf die hohen verwahrten Vermögenswerte zurückzuführen und kein Grund zur Besorgnis. Das Unternehmen verfügt über hinreichend hohe Rücklagen und Cashflows, um regelmäßig eigene Aktien zurückzukaufen. Auch wenn das jüngste Aktienrückkaufprogramm aufgrund der höheren Bewertung nur etwa ein Prozent der ausstehenden Aktien umfasst, unterstützt es dennoch die Gewinnentwicklung pro Aktie.
Die Dividendenrendite liegt aktuell bei 1,47 Prozent. Die geringe Ausschüttungsquote bietet jedoch Potenzial für überproportionale Erhöhungen in den kommenden Jahren, und es ist davon auszugehen, dass die Ausschüttungen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten fortgesetzt werden.
Risiken: Der langgezogene Bärenmarkt als größte Herausforderung
Auch wenn die Deutsche Börse von einem erhöhten Handelsvolumen in kurzen Korrekturphasen profitieren kann, stellt ein lang anhaltender Bärenmarkt das größte Risiko dar. In einem solchen Szenario würden viele Anleger dem Markt den Rücken kehren, was zu geringeren Handelsvolumina und somit niedrigeren Provisionen führen würde. Zudem würden niedrigere Kursniveaus auch die Provisionen für verwahrtes Vermögen schmälern.
Fazit: Ein Qualitätsunternehmen mit langfristigem Potenzial
Die Deutsche Börse AG präsentiert sich als ein qualitativ hochwertiges "Burggraben"-Unternehmen mit einem diversifizierten Geschäftsmodell und starken Wettbewerbsvorteilen. Auch wenn der Titel aktuell etwas oberhalb seiner langfristigen Durchschnittsbewertung notiert, sprechen die fundamentalen Stärken und Wachstumsperspektiven für ein langfristiges Engagement, idealerweise nach einem Kursrücksetzer.